Keine Physiotherapie ohne Placebo
Aus einer Studie von Rossettini (Rossettini et al. 2020)

Der Begriff Placebo bedeutet mehr als „es hilft nicht“!
Sobald die Begriffe „Placebo“ oder „Placeboeffekt“ im Kontext der Physiotherapie, Ergotherapie und vor allem medizinischer Therapiemethoden fallen, werden diese sehr häufig damit gleichgesetzt, dass die Therapie wirkungslos sei.
Vermutlich kommt diese Überzeugung daher, dass vor allem bestimmte Medikamente gerne als Placebo bezeichnet werden. Hier ist das Bild nach außen hin erst einmal vollkommen klar:
Ein Medikament ohne Wirkstoff kann ja gar nicht helfen.
Oder etwa doch?

In einer 2021 veröffentlichten Studie wurden Menschen mit Reizdarmsyndrom in drei Gruppen eingeteilt (Lembo et al. 2021). Eine Gruppe bekam keine Therapie und wurde als Kontrollgruppe lediglich weiter beobachtet. Die Teilnehmer der zweiten und dritten Gruppe erhielten ein Placebo-Medikament. Konkret bedeutet das hier, dass sie eine Pille ohne Wirkstoff bekamen.
Der Unterschied zwischen beiden Gruppen war, dass in der ersten Gruppe das Medikament als „Open Label Placebo“ deklariert wurde (es wurde ausdrücklich erwähnt, dass die Pillen keinen Wirkstoff enthielten). In der anderen Gruppe wussten dagegen weder Patient noch Arzt, dass es sich hierbei um ein Placebo handelte (=doppelte Verblindung).
Das Ergebnis: Beide Gruppen, in denen die Probanden ein Medikament bekamen, verbesserten sich signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe. Schmerzen und Symptome des Reizdarmsyndroms wurden reduziert.
Außerdem gab es keinen Unterschied zwischen der Administration des „Open Label Placebo“ und der doppelverblindeten Medikamentengabe.
Das bedeutet: Ein Placebo wirkt!
Doch wie kann es sein, dass etwas ohne Wirkstoff trotzdem wirkt? Verwirrend…